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Grosser Rat

Votum zum Gemeindestrukturbericht

By 20. Dezember 2023Juli 30th, 2024No Comments

Sehr geehrter Herr Standespräsident
Hohe Regierung, geschätzte Kolleginnen und Kollegen

Gemeindefusionen haben in der Vergangenheit schon oft für Diskussionsstoff gesorgt. Anlässlich der Februar-Session 2011 wurde bezüglich der Zielsetzungen im Bereich Fusionen intensiv diskutiert, ging es doch damals um die mittel- bis langfristigen Zielsetzung betreffend die Anzahl Gemeinden. Man war sich mehrheitlich einig, dass mittelfristig zwischen 50 und 100 Gemeinden angestrebt werden sollen. Über die langfristige Zielsetzung von unter 50 Gemeinden war man sich dann schliesslich auch einig. Der Antrag von Grossratskollege Kappeler, die Gemeinde auf deren 8-11 Stück zu reduzieren, scheiterte ziemlich klar und deutlich.

Das mittelfristige Ziel von 50 bis 100 Gemeinden konnte bis heute nicht erreicht werden, was ich persönlich auch überhaupt nicht schlimm finde. Denn der Bottom-up-Ansatz, welcher klar auf Freiwilligkeit beruht, hat sich bewährt. Fusionen sollen demnach von unten wachsen und aus Überzeugung erfolgen. Mit finanziellen Anreizen seitens Kanton aktiv zu steuern, halte ich nicht für das richtige Instrument und auch eine ambitionierte, gar illusorische Zielsetzung des Grossen Rats zur Anzahl Gemeinden im Kanton Graubünden soll kein Grund für eine Fusion sein sollen.

Die Fusionsdynamik, welche noch vor ca. 10 Jahren spürbar war, hat sich entspannt. Auch wenn das Fusionspotenzial gemäss Bericht noch längst nicht ausgeschöpft ist, scheint immerhin der Fusionsdruck und -wille nicht mehr gleich vorhanden zu sein und auch das finde ich alles andere als problematisch. Dem drohenden Stillstand, wie ihn Kollegin Cahenzli erwähnte, sehe ich sehr gelassen entgegen. Ebenso würde ich auch nicht von Erlahmung sprechen, es ist einfach demokratisch richtig und zu akzeptieren, wenn sich Dynamik entspannt…

Vor diesem Hintergrund erachte ich es zwar als richtig, dass der Kanton weiterhin finanzielle und fachliche Unterstützung bei Fusionen leistet, doch sollte er sich seiner passiven Rolle bewusst sein und auf den Entscheidungsprozess möglichst keinen Einfluss nehmen. Wenn Gemeinden nicht fusionieren möchten und die Vorzüge und Fusionsgewinne nicht sehen, dann sollen sie auch nicht müssen. Es ist also nicht mehr angezeigt, den langfristigen Zielwert von unter 50 Gemeinden weiterzuverfolgen. Lassen wir es für die Zukunft offen, wie viele Gemeinden der Kanton in 10, 20 oder 50 Jahren hat.

Im Grossen und Ganzen liefert der Bericht eine ausführliche Grundlage und Einschätzung der aktuellen Situation und Herausforderungen, damit können sich wohl die meisten Gemeinden in irgendeiner Art und Weise identifizieren. Mich als Gemeindevertreter von Trimmis, nota bene eine der ersten fusionierten Gemeinden seit 2000 – freut es, wenn ich sehe, wie gut es den Bündner Gemeinden trotz bestehender Herausforderungen und trotz oder wegen Fusionen geht.

Die Fusion Trimmis-Says liegt bereits einige Jahre zurück. Die einstigen Vorbehalte gegenüber dem Zusammenschluss haben sich – soweit ich das beurteilen kann – gelegt. Würde man heute die Bevölkerung dazu befragen, was wir ja bekanntlich gemäss Bericht als einzige Gemeinde nicht gemacht haben, würde einer Fusion sicher erneut zugestimmt.

Der durchgeführte Fusions-Check zeigt, dass die Mehrheit der Befragten mit der Fusion zufrieden ist. Aber wofür diese Daten nun dienlich sind, erschliesst sich mir noch nicht. Die FHGR hat hier sicher gute Arbeit geleistet und einen spannenden Auftrag erhalten, aber der Nutzen bleibt offen. Sollte der Nutzen sein, dass damit weitere Fusionen legitimiert werden? Dann hätte dieser Bericht wohl über das Ziel hinausgeschossen…

Anstelle weitere Fusionen zu fordern, sollten wir vermehrt die bestehenden Gemeinden stärken und das beginnt damit, dass wir ihnen Handlungsspielräume geben, damit sie gute und solide Finanzen aufbauen oder halten können. Damit verbunden sind auch weniger Regulierungen und Vorschriften. Wir im Rat haben da einen entscheidenden Einfluss, den wir auch zugunsten starker, autonomer Gemeinden nutzen sollten.