Die Nachfrage nach Lebensmitteln nimmt zu und Bio Suisse präsentiert neue Rekordzahlen. Die Diskussion um die Selbstversorgung ist dank Corona lanciert.
In der gegenwärtigen Krisensituation zeigt sich, wie wichtig unsere Landwirtschaft und die Versorgung mit Lebensmitteln tatsächlich ist. Die Regale im Detailhandel wurden buchstäblich leergeräumt und Hofläden haben Hochkonjunktur. Und das in einer Zeit, in der die Landwirtschaft regelmässig angeprangert wird, zu viel Dünger und Pflanzenschutzmittel einzusetzen und damit die Umwelt zu schädigen. Vielleicht hat das Coronavirus auch sein Gutes – zumindest für die Schweizer Landwirtschaft.
Rekordjahr 2019 für Bio Suisse
Erst kürzlich hat Bio Suisse die Jahreszahlen 2019 der Öffentlichkeit vorgestellt und sie verdeutlichen, dass sich der Bio-Trend fortsetzt. Mittlerweile erzielen Bio-Produkte einen Umsatz von über 3.2 Milliarden Franken, was gegenüber dem Vorjahr einem Zuwachs von 5.6 % entspricht. Der Marktanteil erreicht mit 10.3 % einen neuen Rekordwert. Obwohl immer mehr Leute Bio-Produkte kaufen und die Pro-Kopf-Ausgaben bei aktuell 377 Franken liegen, bedient der Markt nur eine kleine Nische. Zwar preist sich Bio Suisse als naturverträgliche und nachhaltige Alternative an, doch das hat auch seinen Preis. Noch immer ist der Preis ein wesentliches Kaufargument und so sind viele Konsumentinnen und Konsumenten nicht bereit, das Doppelte für Bio zu bezahlen.
Selbstversorgung wichtiger denn je
Die Coronakrise rückt den Selbstversorgungsgrad mit hierzulande produzierten Lebensmitteln in den Mittelpunkt. Das bestätigt auch Urs Brändli, Präsident von Bio Suisse, anlässlich einer Videokonferenz, wenn er sagt: «Ein hoher Selbstversorgungsgrad ist wichtig». Doch diese Versorgungssicherheit sei nur dann gewährleistet, wenn die Lebensmittel «ohne importierte Hilfsmittel erzeugt werden». Und genau da liegt der Hund begraben. Volksbegehren wie die Trinkwasser-Initiative fordern ein faktisches Import- und Pestizidverbot, verkennen dabei jedoch, dass die Schweiz trotz aller Bemühungen auf diese Importe angewiesen ist. Selbst Bio-Betriebe sind auf Futtermittelimporte angewiesen. Die neue Agrarpolitik ab 2022 rechnet vor, dass der Selbstversorgungsgrad noch weiter sinken wird. Letztlich wird es einen Grundsatzentscheid brauchen, ob wir in Zukunft möglichst viel selbst produzieren wollen oder ob wir mit einer Hinnahme der vorgeschlagenen Agrarpolitik inskünftig eine höhere Auslandabhängigkeit in der Lebensmittelversorgung anstreben.
Unlösbares Dilemma
Es ist ein kaum lösbares Dilemma. Während ökologische Kreise ein Bioland Schweiz fordern, wollen landwirtschaftliche Kreise an einer sicheren Inland-Versorgung festhalten. Doch beides wird kaum zu erreichen sein. Insbesondere dann nicht, wenn man einer neuen Studie aus Grossbritannien glauben schenken will, die besagt, dass die vollständige Umstellung auf Bio zu Mindererträgen von bis zu 40 % führen könnte. Entsprechend würden auch die Importe ansteigen, wodurch die negativen Auswirkungen auf Klima und Umwelt zunehmen dürften. Wer also glaubt, die Umweltprobleme mit einer vollständigen Umstellung auf Bio aus der Welt räumen zu können, irrt sich. Die biologische Landwirtschaft hat auch ihr Positives und deshalb ist es sicher grundsätzlich nicht falsch, Schweizer (!) Bio-Produkte einzukaufen.