Sehr geehrter Herr Standespräsident
Hohe Regierung, Geschätzte Kolleginnen und Kollegen
Wenn drei Fraktionen unabhängig voneinander das Ruhegehalt von Regierungsmitgliedern ins Visier nehmen, dann ist der Handlungsbedarf in dieser Sache mehr als ausgewiesen.
Ich habe allerdings meine Zweifel, ob die Regierung diesen Handlungsbedarf wirklich auch erkannt hat. Zwar signalisiert die Regierung Bereitschaft, die Ruhegehaltslösung neu zu regeln, aber die Antwort insgesamt ist wahrhaftig keine Meisterleistung, sie befriedigt mich ganz und gar nicht. Denn ich kaufe Ihnen, werte Regierung, Ihre Antwort einfach nicht ab. Denn das was zwischen Zeilen steht, ist in meinen Augen für einmal viel aussagekräftiger.
Lassen Sie mich die drei wichtigsten Erkenntnisse aus der Antwort der Regierung zusammenfassen:
- Die Regierung hat es verpasst, sich mit den Vorstössen inhaltlich vertieft auseinanderzusetzen
- Die Regierung ist gegen die Abschaffung des Ruhegehalts, antasten will sie es nur mit grösster Zurückhaltung
- Die Regierung möchte anscheinend an der Amtszeitbeschränkung rütteln oder diese dazu nutzen, Ihr komfortables Ruhegehalt langfristig zu sichern
Wie komme ich zu diesen Erkenntnissen?
Zu 1.:
Es liegen drei konkrete Vorschläge auf dem Tisch, wie das Ruhegehalt geregelt werden könnte. Wenn die Regierung diese drei Vorstösse auf nicht einmal zwei Seiten kurz und knapp beantwortet und inhaltlich gerade einmal die allgemeine Grosswetterlage zusammenfasst und nicht vertieft auf die Ideen der Fraktionen eingeht, dann komme ich zum Schluss, dass keine vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung stattgefunden hat.
Die Thematik ist wirklich nicht komplex! Ich verstehe also nicht, weshalb noch X zusätzliche Varianten geprüft werden sollen. Drei Vorschläge liegen schon auf dem Tisch: (1) gänzlich streichen, (2) Befristung für längstens drei Jahre oder (3) befristen bis 65 Jahre.
Wenn wir dann vielleicht noch die Abgangsentschädigung als vierte Option ins Rennen bringen, dann haben wir zwar nicht alle möglichen Einzelvarianten geprüft, aber eine ausreichend breite Auslegeordnung liegt dennoch auf dem Tisch. Weitere Fakten wie beispielsweise die heutige Entschädigung von Regierungsmitgliedern in Graubünden, die Vorsorgesituation und die Möglichkeiten des beruflichen Anschlusses nach Ausscheiden aus dem Amt sind ebenfalls bekannt.
Welche zusätzlichen Varianten die Regierung noch prüfen will, erschliesst sich mir nicht.
Geschätzte Regierung, Sie haben es sich hier sehr einfach gemacht, aber wenn ich nun zu meiner zweiten Erkenntnis komme, dann macht das zumindest aus Ihrer Sicht wieder Sinn.
Zu 2.:
Sie wollen das Ruhegehalt einerseits gar nicht abschaffen und andererseits nur mit Zurückhaltung antasten. Mit Ihrer Abänderung des Auftrags wollen Sie alle drei Fraktionsaufträge in Ihre Evaluation miteinbeziehen, aber Ihre bekundete Bereitschaft, die Ruhegehaltslösung neu zu regeln, schliesst in meinen Augen die gänzliche Abschaffung des Ruhegehalts per se aus. Es wäre durchaus ehrlicher gewesen, Sie hätten sich zu den drei einzelnen Lösungsvarianten geäussert, dann würden wir auch wissen, wo Sie inhaltlich stehen.
Der Lohn eines Regierungsrats liegt bei Fr. 269’000 – ein stattliches Salär. Es liegt sogar deutlich über dem Schweizer Durchschnittslohn für Regierungsmitglieder. Hinzu kommen eine gute Pensionskassenlösung und ein sicherer und spannender Job für längstens 12 Jahre. Ein sicherer Job deshalb, weil es meines Wissens noch nie zu einer Abwahl eines bisherigen Regierungsmitglieds gekommen ist. Ausserdem haben abtretende Regierungsmitglieder keineswegs Schwierigkeiten, beruflich Anschluss zu finden, das haben wir ja bereits im letzten Jahr ausführlich in diesem Rat debattiert. Einige Regierungsmitglieder haben ihre berufliche Zukunft schon während der Amtszeit gesichert und andere bewerben sich mit guten Wahlchancen für andere politische Ämter mit ebenfalls guter Bezahlung oder sie fassen anderweitig in der Berufswelt wieder Fuss.
Es wäre bei der Bevölkerung da draussen mit Sicherheit sehr gut angekommen, wenn Sie sich für die Abschaffung Ihres einzigartigen Privilegs des lebenslangen Ruhegehalts ausgesprochen hätten. Im Grunde genommen wäre es die Abschaffung des bedingungslosen Grundeinkommens für ehemalige Regierungsmitglieder. Und wir erinnern uns an die Abstimmung über das bedingungslose Grundeinkommen für alle, in Graubünden wurde dieses Ansinnen mit über 80% Nein-Stimmen deutlich abgeschmettert. Wenn also das Grundeinkommen für alle keine Mehrheit findet, dann dürfte das Grundeinkommen für Regierungsmitglieder sicher auch keine Mehrheit in der Bevölkerung finden.
Herr Regierungsrat, ich möchte an dieser Stelle von Ihnen schon noch wissen, wie Sie der einfachen Bevölkerung da draussen, dem Handwerker, der Pflegefachkraft, dem Verkaufspersonal, den Landwirten, den Reinigungskräften usw. erklären, dass Sie nach Ihrem Ausscheiden aus dem Amt – wann auch immer das sein wird – ein fünf- bis sechsstelliges Ruhegehalt erhalten. Wie können Sie es mit gutem Gewissen rechtfertigen, dass Sie fürs Nichtstun noch Geld bekommen?
Ich bin jetzt schon sehr gespannt auf Ihre Antwort. Und denken Sie bitte dran, dass ich mich mit einer ausweichenden Antwort nicht geschlagen geben werde.
Zu 3.:
Und nun noch zu meiner dritten Erkenntnis betreffend die Amtszeitbeschränkung.
Keine Fraktion hat in einem ihrer Aufträge die Amtszeitbeschränkung zur Diskussion gestellt. Sie ist gewissermassen als Konstante in dieser Gleichung der Regierungsentschädigung zu verstehen. Dass aber die Regierung nun die Amtszeitbeschränkung in ihrer in Aussicht gestellten Auslegeordnung mitberücksichtigen will, zeigt doch klar, wohin die Reise gehen könnte. Wenn wir am Schluss über eine Verfassungsrevision diskutieren müssen, um überhaupt nur in die Nähe einer vernünftigen Ruhegehaltsregelung zu kommen, dann haben wir das Ziel völlig verfehlt. Und was wir seitens der SVP-Fraktion als vernünftige Regelung verstehen, können Sie in unserem Vorstoss nachlesen. Ich möchte einfach zuhanden der Regierung und schliesslich auch fürs Protokoll festhalten: Aus Sicht der SVP-Fraktion muss die Amtszeitbeschränkung unangetastet bleiben.
Dass wir als SVP-Fraktion an unserem ursprünglichen Auftrag festhalten, sollte nach meinen Ausführungen selbstredend sein. Aber formell stelle ich Ihnen diesen Antrag hiermit noch ausdrücklich.
Mit der Fraktionsauftrag der SVP haben wir es in der Hand, längst überfällig gewordene Privilegien abzuschaffen. Gleichzeitig haben wir auch für den bisher noch gar nicht thematisierten und in meinen Augen problematischen Kürzungsmechanismus eine endgültige Lösung. Ich finde das heutige Ruhegehalt schon stossend genug, aber ebenso stossend ist, dass dieses Ruhegehalt erst dann gekürzt wird, wenn das zusätzliche Erwerbseinkommen zusammen mit dem Ruhegehalt höher ist als das Gehalt eines amtierenden Regierungsmitglieds.
Das heisst also, dass ein ausgetretenes Regierungsmitglied nach 12 Amtsjahren mit einem Ruhegehalt von rund Fr. 110’000 zusätzlich rund Fr. 150’000 erwirtschaften kann, ohne dass das Ruhegehalt gekürzt wird.
Damit zeigt sich nochmals in aller Deutlichkeit, dass unsere geltende Ruhegehaltslösung eine absolute Luxuslösung darstellt. Kein anderer Kanton kennt ein lebenslanges Ruhegehalt und hinzu kommt, dass in mehrere Kantonen Ruhegehaltslösungen abgelöst oder massiv reduziert werden. Unser Anliegen ist also auch interkantonal betrachtet am Puls der Zeit. Ich bitte Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, helfen Sie mit, diesen alten Zopf abzuschneiden und den Auftrag in seiner ursprünglichen Fassung zu überweisen. Ich danke Ihnen.